Ratgeber zur Aufklärung und Vorbeugung
Sucht- und Jugendhilfe e.V.
Suchtmittel Pornografie
Schon immer übten pornografische Darstellungen eine enorme Anziehungskraft vor allem auf Männer aus. Digitale Medien wirken mit ihren schier unbegrenzten Möglichkeiten, der massiven Verfügbarkeit pornografischer Darstellungen, ihrer Anonymität sowie zunehmender KI-Nutzung als Verstärker. Weil die Darstellungen pornografischer Bilder und Videos das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren und nach Wiederholung drängen, kann sich aus Pornografie-Konsum auch eine sogenannte Pornografie-Nutzungsstörung entwickeln, umgangssprachlich auch als Pornosucht bezeichnet. Die Pornografie-Nutzungsstörung wird als häufigste Form der „Störung mit zwanghaftem Sexualverhalten“ angesehen. Das Suchtrisiko ist besonders erhöht, wenn der Pornografie-Konsum Frust, Einsamkeit, Depressionen, Konflikte oder Minderwertigkeitsgefühle kompensieren soll. Angstgefühle werden kompensiert, die Entspannung gefördert und die drängenden Alltagsprobleme plötzlich nebensächlich. Wie bei anderen süchtig machenden Substanzen oder Verhaltensweisen auch kann sich der Pornografie-Konsum dann zum Trostspender und Problemlöser entwickeln und die Gefahr einer Suchtentstehung erhöhen. Die Sucht nach Online-Pornographie stellt eine Unterform der Internetsucht dar. Wie Computerspielsüchtige, die Stunden und Tage vor ihrem Rechner verbringen, ohne noch über ein Zeitgefühl und eigene Kontrolle über ihr Verhalten zu verfügen, erleben auch Menschen, die süchtig nach pornografischen Darstellungen sind, einen Kontrollverlust. Und wie bei anderen Suchterkrankungen auch isolieren Betroffene sich irgendwann von ihrem sozialen Umfeld, verlieren sich in der Welt pornografischer Bilder, die bald jeden Gedanken bestimmen. Doch noch stärker als andere Abhängige leiden sie unter einem besonderen moralischen Stigma, das reale Beziehungen auf Dauer erheblich belasten kann.
Anzeichen für eine Pornografie-Nutzungsstörung
Bestimmte Merkmale, die allgemein eine Suchterkrankung bestimmen, sind auch in der Pornografie-Sucht wiederzuerkennen:
Jugendliche zwischen Überforderung und Trauma
Auch wenn pornografische Inhalte grundsätzlich erst ab 18 Jahren erlaubt sind, kommen Jugendliche meist schon viel früher über soziale Medien (versehentlich oder intendiert) damit in Kontakt. Jugendliche haben in der Regel schon vor dem ersten realen sexuellen Kontakt so viel über sexuelle Praktiken online gesehen, dass ihre Erwartungen völlig überhöht sein können und sie von der Realität dann verwirrt und überfordert sind. Dass Konsumenten von Cyberpornographie die Frau in der virtuellen Welt zudem häufig als besonders unterwürfig, als Objekt, das für nahezu jede Sexualpraktik zur Verfügung steht, erleben, hat ebenfalls Einfluss auf das reale Sexualleben. Werden Betroffene sexuell aktiv, sind sie vielfach enttäuscht, können mit der eigenen Unerfahrenheit und der einer gleichaltrigen Partnerin nicht umgehen, überfordern diese und meist auch sich selbst. Gar nicht so wenige Mädchen und junge Frauen berichten, dass die jungen Männer
heute hohe sexuelle Erwartungen und Wünsche haben, die sie als selbstverständlich betrachten. Das setzt Jugendliche unter Druck und führt dazu, dass ihre ersten sexuellen Erlebnisse nicht nur enttäuschend und unbefriedigend, sondern mitunter sogar traumatisch sind. Solche Frustrationen können außerdem bewirken, dass Pornografie-Süchtige lieber wieder in ihre virtuelle Welt flüchten und hier nach dem nächsten sexuellen Kick suchen. KI-generierte Pornografie verschärft mittlerweile die Probleme und viktimisiert insbesondere Mädchen und Frauen, wenn etwa Merkmale realer Personen per KI-Bildbearbeitung in pornografisches Material eingefügt werden („Deep-Fake-Pornografie“) oder über KI-Tools sexuelle Stereotype noch weiter vertieft werden.
Wer sich von übermäßigem Pornografie-Konsum oder verstörenden sexuellen Inhalten belastet fühlt, sollte darüber sprechen und findet anonyme Hilfe bei Beratungsstellen, aber auch unter der „Nummer gegen Kummer“ (116 111). Der Weg zu professioneller Hilfe sollte kein Tabu sein und meist hilft es, mit neutralen Dritten die Probleme an- und auszusprechen.
Im folgenden Bereich finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Sucht und Suchthilfe. Unser Anliegen ist es, Betroffenen, Angehörigen und Interessierten eine erste Orientierung zu bieten und wichtige Informationen verständlich aufzubereiten.
Bitte beachten Sie, dass diese Auskünfte eine individuelle Beratung nicht ersetzen können. Bei weiterführenden Fragen stehen wir Ihnen gerne vertraulich und anonym zur Verfügung.
Eine Sucht ist ein Zustand, in dem eine Person die Kontrolle über den Konsum eines bestimmten Stoffes (z. B. Alkohol, Drogen, Medikamente) oder ein bestimmtes Verhalten (z. B. Spielen, Internetnutzung) verloren hat. Sie verspürt einen starken inneren Drang danach, obwohl dies negative Folgen für das eigene Leben und die Gesundheit hat.
Typische Anzeichen sind:
Der erste und wichtigste Schritt ist, sich Hilfe zu holen – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Du kannst dich an eine Suchtberatungsstelle wenden, einen Arzt oder eine Therapeutin aufsuchen. Auch Selbsthilfegruppen bieten Unterstützung und Austausch.
Sucht ist eine chronische Erkrankung, aber sie ist behandelbar. Viele Menschen schaffen es mit professioneller Hilfe, ein suchtfreies und erfülltes Leben zu führen. Heilung bedeutet nicht immer vollständige Abstinenz, sondern auch einen bewussten und kontrollierten Umgang mit dem eigenen Verhalten.
In der Regel werden die Kosten für eine Suchtbehandlung von der Krankenkasse oder Rentenversicherung übernommen – vor allem, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Suchtberatungsstellen sind meist kostenlos und anonym.
Tel.: 0800 / 588 87 51 (kostenfrei)
E-Mail: team@suchtundjugendhilfe.de
